Grenzecho-Artikel vom 27. Januar 2020
Theater Gaudium führt
„Hotel zu den zwei Welten“
in Hauset auf
Von Klaus Schlupp
Philosophisch, nachdenklich und dabei kurzweilig ist das „Hotel zu den zwei Welten“, das das Hauseter „Theater Gaudium“ am vergangenen Wochenende inszeniert hat.
Einfach ist es nicht, ein französisches Stück in deutscher Sprache in Belgien aufzuführen. Schwierigkeiten machen die Juristen. Denn da in Belgien Französisch und Niederländisch gesprochen wird, hat der Berliner Verlag zwar einen deutschen Text, aber keine Rechte für Belgien. Doch nach einigem Hin und Her zwischen Hauset, Eupen, Berlin und Paris kam dann endlich grünes Licht: Eric Emmanuel Schmitts „Hotel zu den zwei Welten“ durfte in Hauset auf die Bühne.
Das Stück fordert zum Nachdenken über sich selbst und sein Leben auf.
Es wäre auch jammerschade gewesen, hätten die Juristen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn das Theater Gaudium hat wie gewohnt eine außergewöhnliche Leistung gezeigt. Einfach ist das nämlich nicht, sowohl vom Spielerischen als auch vom Inhaltlichen her. Denn das Stück spielt in einer Zwischenwelt. Patienten liegen im Koma. Ihre Seele, Astralleib oder Bewusstsein, checkt im Hotel ein und wartet darauf, dass es wieder in den Fahrstuhl nach unten ins Leben oder nach oben in den Himmel geht. Sprachlich gibt es einige lange Monologe, die dem Spieler etwas abverlangen.
Es sind die unterschiedlichsten Typen, die auf der schlicht gestalteten Bühne mit Sitzelementen und Fahrstuhl aufeinander treffen. Da ist der zynische Sportredakteur Julien Portal, der sich um den Baum gewickelt hat. Jannis Mattar zeigt hier den Wandel der Figur vom Nihilisten hin zum Mann mit Hoffnung in seinem ganzen Spiel. Flackern die Augen noch am Anfang und wirkt er etwas gebeugt, gibt er seiner Figur gegen Ende des Stücks Selbstsicherheit und ein In-sich-Ruhen. Das hat Julien Laura zu verdanken, die sich freut, wenn sie wieder ins Hotel darf, denn dort kann sie das Leben genießen. Melina Lauffs gibt ihr eine überbordende Fröhlichkeit und Sehnsucht nach dem Leben, das sie nur in diesem Zwischenreich richtig genießen kann. Dabei wirbelt sie auf der Bühne und zeigt ausdrucksstarke Mimik.
So leicht das Stück im Spiel auch daher kommt, es geht ans Eingemachte.
Eine Paraderolle für Palmyre Keutgen ist die Putzfrau Marie, die die handfeste Frau mit Kittelschürze nicht ohne Witz und Humor verkörpert. Oliver Kirschvink ist ihr Antipode, der Präsident mit einer ausgesprochen egozentrischen Haltung. David Peters ist der Magier Radschapur, auch eine gebrochene Figur, die Peters souverän verkörpert. Er findet seinen Sinn darin, sich zu opfern. Und über allem steht der androgyne Dr. S., der/die den Laden am Laufen hält. Auch Anne Renardy gestaltet die Wandlung ihrer Figur ausgesprochen gut. Erst am Schluss bricht sie aus ihrem sehr distanzierten Spiel heraus und zeigt Emotionen. Denn Dr. S. handelt aus Liebe gegen die Vorschriften.
So leicht das Stück im Spiel auch daher kommt, es geht ans Eingemachte. Die Figuren zeigen philosophische und theologische Modelle und spielen sie durch. „Alle Staub“, erinnert Julien Portal an den „Windhauch“ des biblischen Buches Kohelet. Kann die Arbeit Lebenszweck sein, das Gute zu tun, oder der Genuss? Die Figuren sind aus dem Spiel genommen und dürfen Weichen stellen. „Wir hatten viele Diskussionen im Team“, meint auch Regisseur Günther Lorreng. Tatsächlich, es ist nichts, was man einfach abhaken kann. Das Stück fordert zum Nachdenken über sich selbst und sein Leben auf. Die Figuren machen Vorschläge, und auch wenn der Autor die christlich-humanistische Sicht präferiert, so achtet er in seinem Stück die Freiheit der Einzelnen, sich zu entscheiden.
Großer Applaus für ein Stück, das nachdenklich macht, aber kurzweilig und spritzig gespielt ist.