“Die Katze auf dem heißen Blechdach” – Grenz-Echo Bericht

Die Katze auf dem heißen Blechdach

Von Tennessee Williams
Regie: Günther Lorreng

Aufführungen in Hauset
Samstag, den 26. Januar 2002
und Sonntag, den 27. Januar 2002

Grenz-Echo vom 31. Januar 2002

Theater Gaudium zeigte „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ von Tennesse Williams

Treffende Inszenierung landete in der Ehrenklasse

Von Chantal Heck

Am vergangenen Wochenende führte das Theater Gaudium unter der Regie von Günther Lorreng in der Hauseter Mehrzweckhalle insgesamt dreimal Tennessee Williams’ Erfolgsstück „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ auf.

Zahlreich erschien das Publikum auch am Sonntagnachmittag und erlebte einen anspruchsvollen Theaterbesuch. Die Jury stufte die Schauspieltruppe übrigens nach ihrem Besuch am vergangenen Sonntag erneut in die Ehrenklasse ein. Dabei staunten die Zuschauer nicht schlecht über die bemerkenswerten Leistungen der hiesigen Schauspieler, sei es nun über die Darstellung ihrer jeweiligen Rollen oder über ihre Textsicherheit. „Wie kann man sich nur so viel Text auf einmal merken?” fragte sich da manch einer.
Einzige negative Resonanz beim Publikum war jedoch die Länge des Dreiakters. Bei fast dreistündiger Aufrührung fiel es schwer, trotz zweimaliger kurzer Pause, die ganze Zeit konzentriert zu bleiben, zumal das Stück hauptsächlich aus eher statischen Dia-, bzw. Monologen bestand.
Das sarkastische Theaterstück des bekannten amerikanischen Autors handelt von der Kompliziertheit zwischenmenschlicher Beziehungen, die vor allem durch die Unfähigkeit der aufrichtigen Kommunikation und durch das gegenseitige Misstrauen und Scheinverhalten gekennzeichnet ist. Die Ehepartner Maggie und Brick, dargestellt von Palmyre Keutgen und Olivier Kirschvink, reden somit nicht miteinander, sondern aneinander vorbei. Meist sitzt Brick apathisch im Pyjama an seiner Bar, spült seinen Ekel vor sich selbst und allen anderen mit Whisky hinunter und wartet sehnsüchtig auf „den Knacks im Kopf, der ihm Ruhe bringt“. Maggie führt somit fast nur Selbstgespräche.
Olivier Kirschvink scheint seine Rolle regelrecht auf den Leib geschnitten zu sein, denn einen frustrierteren humpelnden Alkoholiker kann man sich bald nicht vorstellen. Besonders Palmyre Keutgens schauspielerische Leistung verdient Beachtung, denn die Rolle der Maggie war sicherlich keine leichte. Ihre ständigen Gefühlsschwankungen, die sie beinahe in den Wahnsinn treiben, verkörperte sie sehr überzeugend, was auch der lang anhaltende Applaus für sie bestätigte. Gerta Foxius und Gün-ther Lorreng selbst brillierten in den Rollen der aufgekratzten Big Mama und des mürrischen Big Dad-dy. Einerseits konnte sie mit ihrer penetranten krächzenden Stimme, die „Wenn eine Ehe in Brüche geht, liegt es am Bett und nur daran“ lehrte, das Publikum zum Lachen bringen.
Andererseits konnte sie auch tiefes Mitleid erregen, als sie schluchzend in sich zusammensinkt, nachdem sie erfährt, dass ihr Mann trotzdem an Krebs sterben wird und nicht nur unter „Dickdarmkrämpfen“ leidet.
Günther Lorrengs wenige Verhaspelungen konnte der Regisseur und Schauspieler jedoch durch seine starke Bühnenpräsenz und Körpersprache wettmachen. Im zweiten Akt, in denen sich die ganze Familie um Big Daddy versammelt, kam ein bisschen mehr Bewegung und Abwechslung ins Stück Der fehl am Platz wirkende, zerstreute und dumm glotzende Reverend Tooker (gespielt von Dietmar Spörl) hatte mit seinen unangebrachten Bemerkungen immer wieder die Lacher auf seiner Seite. Und auch die sarkastisch derbe Sprache des Familienoberhauptes erzeugte so manches ironische Schmunzeln: „Zuchtkuh“ nannte Big Daddy seine Schwiegertochter Mae, die nun schon zum sechs-ten Mal Mutter wird. Big Daddy nennt die Dinge eben beim Namen! Nadine Lorreng verkörperte übrigens mit bittersüßer säuselnder Stimme und pseudo-naivem Augenschlag auch sehr überzeugend ihre Rolle. Stephan Offermann, im Stück Maes Ehemann und frustrierter vernachlässigter Sohn, ent-puppt sich im Fortlauf des Stücks als kaltblütiger, berechnender Anwalt, der seinen Anspruch auf das Erbe fordert. Dieses steht jedoch Maggies und Bricks Kind zu, das noch nicht, aber bald gezeugt ist. Um diese letzte Lüge wahr zu machen, offenbart Maggie – zu Big Daddys Todeslauten im Hintergrund – Brick ihre Liebe: „Wäre schön, wenn’s wahr wäre.“
(Patrick Lorreng und Manuela Rossa spielten Doktor Baugh und das Hausmädchen Susan.)