“Der Schutzengel” – Grenz-Echo Bericht

Der Schutzengel

Eine Satire von Ephraim Kishon
Regie: Günther Lorreng

Aufführungen in Hauset
Samstag, den 28. Januar 1995
und Sonntag, den 29. Januar 1995

Grenz-Echo vom 31. Januar 1995

Eine Satire mit wahrem Hintergrund

Hauseter Theater Gaudium in der Ehrenklasse eingestuft

Hauset. – Nach dem großen Publikums- und Kritikererfolg vor zwei Jahren („Schwarz auf Weiß“) versuchte sich das Hauseter „Theater Gaudium“ erneut mit einem Kishon-Stück. Des Israelis bitterböse Satire auf die Verfolgungen und die Bestechlichkeit der Bürokratie „Der Schutzengel“, war auch diesmal ein voller Erfolg beschieden.

Und das nicht nur wegen der beiden Male ausverkauften Hauseter Mehrzweckhalle, sondern vor allem aufgrund der abermals bedeutenden Leistung der „Gaudiumaner“ unter der Regie von Günther Lorreng, die dafür von der Jury in die Ehrenklasse eingestuft wurden.

Seitenhiebe

Ephraim Kishon – 1924 in Budapest geboren und seit 1949 in Israel wohnhaft – mag man nun mögen oder nicht, oder einfach ignorieren, wie das bis heute die meisten gedruckten Schauspielführer tun. Tatsache ist, dass er nach wie vor die Säle füllt, entweder mit seinen Bühnensatiren oder höchst persönlich, wie noch kürzlich in Aachen bei einer Lesung der Fall.
Das war auch in Hauset so, wo man nach dem Erfolg von 1993 mit „Schwarz auf Weiß“ jetzt mit dem „Schutzengel“ einen weiteren Kishon präsentierte.
In seinem Verlauf schießen sich Kishon und damit natürlich die Darsteller ganz hübsch auf die Behörden und ihre Missbräuche Unbestechlichkeit ein.

Protégé

Da wird Zvi Prager, ein junger Einwanderer, ohne die geringste Qualifikation und protegiert von einem Mann, den es gar nicht gibt, Leiter des Wasseramtes. Wenn er auch nichts von der Sache, die ihm übertragen wird, versteht, kommt er doch dahinter, dass für eine berufliche Karriere in diesem Amt andere Voraussetzungen als die Qualifikation eine entscheidende Rolle spielen, so u.a. die Parteizugehörigkeit, ein mächtiger Fürsprecher im Hintergrund, die Bereitschaft, bei der Vergabe von Aufträgen nach dem Grundsatz eine Hand wäscht die andere zu handeln, und die Fähigkeit, Antragsteller an das eigene Amt entweder abzuweisen oder erst gar nicht anzunehmen.
Wenn dann jemand kommt wie der junge Prager, der zwar nichts von Wasserleitungen versteht, aber glaubt, Arbeit und das Erfüllen der Forderungen der Bevölkerung sei auch nicht schlecht, dann ist das Ende seiner beruflichen Karriere und die Wiederkehr der alten Seilschaften abzusehen, vor allem dann, wenn eines Tages sein angeblicher Protégé, den es eigentlich gar nicht gibt, höchst persönlich erscheint… So bleibt also am Ende alles beim alten (Parteizugehörigkeit usw.).

Überall in der Welt

Kishon hat in seinen Anmerkungen ausdrücklich betont, dass das Stück in Israel spielt, aber an jedem anderen Ort der Welt ebenso möglich ist. In der Tat kam dem Besucher da manches bekannt vor, vielleicht sogar Minister Lambertz, der am Sonntag zu den Ehrengästen zählte…
Vor allem aber enthielt das Stück natürlich eine Fülle von Seitenhieben gegen alles, was sich in den Amtsstuben in aller Welt tut oder nicht tut. Und wenn dann noch Kishon der Autor ist, kann man mit einem vergnüglichen Theaterabend rechnen, vor allem dann, wenn sich eine Bühne damit befasst, die mit Liebe, Begeisterung und Können an die Sache herangeht. Und das gilt für „Gaudium“.

Ruf bestätigt

Eigentlich bestätigte das Theater Gaudium nur den Ruf, den es sich in seiner noch recht jungen Lebenszeit bereits erworben hat. Natürlich ist es für eine Laienbühne nicht einfach, sich an einen Kishon heranzuwagen, vor allem dann, wenn die räumlichen Verhältnisse beengt und die Zuschauer in den ersten Reihen den Darstellern sozusagen Auge in Auge gegenübersitzen.
Zur Lösung der Raumprobleme und bedingt durch das Fehlen einer echten Bühne, hatte sich Regisseur Günther Lorreng etwas einfallen lassen. So spielte sich der größte Teil des Geschehens auf eine gevierteilte Bühne ab: drei „Amtsräume“ und ein ebenfalls genutzter Leerraum, wobei der Raum, wo sich jeweils das Hauptgeschehen abspielte, durch stärkere Ausleuchtung hervorgehoben wurde.
Überhaupt zeichnete man sich durch das Bemühen um eine möglichst detailgetreue Wiedergabe aus, so z.B. durch die Verwendung einer echten israelischen Zeitung und originalgetreuen israelischen Banknote. Echt wirkte somit das gesamte Bühnenbild bis hm zu den kleinsten Requisiten.

Reife Leistung

Die Darsteller – Henning Lindenschmidt, Alexander Hardt, Nadine Lorreng, Gerta Foxius, Stephan Offermann, Günther Lorreng, Louise Klein, Günter Biegmann und die unsichtbar mitwirkenden Stimmen von Mitgliedern der St. Rochus-Schützen ließen ebenfalls Einfallsreichtum, das Bemühen um echte Wiedergabe ihrer Rolle und disziplinierte Mitarbeit erkennen. Und das alles verhalf dem Stück zum Erfolg, den es hatte: Eine Satire, die als solche verstanden wurde, die der Versuchung in Klamauk zu verfallen, erfolgreich widerstand.
Allerdings hatte man sich zu Beginn, der recht zähe anlief, einige Straffungen, die der Handlung gewiss noch mehr Schwung gebracht hatte, gewünscht. Doch das Publikum nahm den Abend mit Heiterkeit und starkem Schlussbeifall auf.
Wiederholungen sind demnächst in Eupen und in Raeren vorgesehen.